Die SPD im Umfragetief! Nie zuvor wurden so niedrige Werte für die Volkspartei ermittelt – 23 Prozent. Über die Ursachen muss diskutiert werden. Ist es die Öffnung Richtung Linkspartei? Ist es die Art und Weise, wie diese Öffnung gelaufen ist und läuft? Ist es Kurt Beck selbst – also eine Führungsfrage? Müntefering scharrt schon mit den Hufen, wie man hört. Und Peter Struck erklärt die Debatte über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei für erledigt. Da hat sich Klaus Wowereit wohl zu früh gefreut.

Auch die FR-Leserinnen und -Leser beschäftigt dieses Thema natürlich. Ilse Werder aus Hanau meint:

„Ich bin seit 57 Jahren Mitglied der SPD und habe die Entwicklung der letzten Jahre mit großer Sorge verfolgt. Dass die „Linken“ samt ihrer Wählerschaft jetzt mit Unterstützung der Medien dämonisiert und mit dem DDR-Regime gleichgesetzt werden, grenzt ans Lächerliche, wenn es nicht so gefährlich wäre und bereits an Mc Carthy erinnerte.
Diese Leute, die sich hier im Westen überwiegend aus ehemaligen Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und Friedensaktivisten
zusammensetzen, zu Unberührbaren und Teufelszeug zu stilisieren, zeugt von Unkenntnis und bösem Willen. Ich kenne genug integre Menschen unter ihnen, um überzeugt zu sein, dass sie auch in einem Landesparlament die Chance haben sollten, redliche Arbeit zu leisten. Sie sind demokratisch gewählt. Es gibt so viel zu tun, um die negativen Folgen der Globalisierung, einer falschen Schul- und unzureichenden Umweltpolitk, aber auch einer ungerechten Verteilung der Mittel anzugehen, da ist Ypsilanti genau auf dem richtigen Weg. Genau dies aber fürchten die Leute, die die Kampagne gegen diese so erfolgreiche Hoffnungsträgerin ständig anheizen. Ja, sie hat einen Fehler vor der Wahl gemacht, der wurde ihr offenbar abverlangt. Sie bleibt für mich ein integrer Mensch. Ich halte es mit Horst-Eberhard Richter, der den Umgang mit Ypsilanti durch eigene Parteimitglieder und Medien als skandalös bezeichnet hat.“

Hans-Peter Lange aus Frankfurt:

„Die SPD ist drauf und dran, zu einer 20- bis 25-Prozent-Partei zu werden. Roland Koch hat Recht, wenn er sagt, sie sei auf dem besten Weg, ihren Charakter als Volkspartei zu verlieren. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hat sich die Parteienlandschaft verändert. Wir werden nun ein Fünf-Parteien-System haben. Und damit reichen die alten Koalitionslieben nur noch ausnahmsweise zum Regieren. Eine Partei wie die Linke auszugrenzen, kann so nur zur Selbstkastration führen. Oder wie Klaus Wowereit es formulierte: in die ‚babylonische Gefangenschaft‘.“

Michael Zeller aus Coburg:

„Pilgern Sie zum Grab von Willy Brandt – bringen Sie Ihr Ohr ganz dicht dran! Dann können Sie vielleicht hören, wie er rotiert! Die schlechtesten Umfragewerte aller Zeiten – herzlichen Glückwunsch!!!
Vielleicht fragen Sie sich dann, was Sie verkehrt gemacht haben? Nichts! Sie haben nichts verkehrt gemacht! Das Problem ist woanders: Ihr Herz ist nicht am rechten (linken) Fleck! So einfach ist das manchmal! Da können Sie Umfrageergebnissen hinterher rennen, wie Sie wollen – die Menschen im Land merken trotzdem, wo das Herz schlägt! Mit Ihrem anbiedern an die sog. bürgerliche Mitte können Sie nicht punkten – da sind die bürgerlichen Parteien auf Dauer besser geeignet – das konnte nur Schröder vorübergehend! Am Ende wurde dann doch das bürgerlich Original – CDU – gewählt!
Vergessen haben Sie dabei die kleinen Leute! Das untere Drittel der Gesellschaft! Arbeitslose, Rentner, Leibeigene (Geringverdiener)! Diese laufen Ihnen nun davon – nach Links!
Man kann den Parteien links und rechts (?) von Ihnen nachsagen, was man will – sie sind mehr mit dem Herzen bei ihrer Sache, als Sie! Das merken die Wähler (nicht nur das untere Drittel)! Sie rennen nur noch hinterher und schlagen Haken nach links und rechts – und kommen nicht voran! Das geschieht Ihnen recht!
Man muss sich nur die Leute ansehen, die zur Zeit die SPD repräsentieren: Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier, Peter Struck und Kurt Beck die könnten alle auch in der CDU sein! Jemand vergessen? Egal, bei Ihnen kommt es nicht drauf an! Sie kann man alle vergessen! Bei wem schlägt das Herz am rechten Fleck?
Wie kommen Sie raus aus der Misere? Das Schwert Willy Brands steckt tief im roten Felsen! Nur jemand mit reinem Herzen kann es herausziehen! Suchen Sie Ihren Befreier – aber suchen Sie ihn (sie? garantiert nicht Fr. Ypsilanti) nicht unter den bisherigen Köpfen – das ist Zeitverschwendung! Vielleicht kehrt dann auch am Grab von Willy Brand Ruhe ein!“

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47 Kommentare zu “Im Tal der Tränen

  1. Sorry, aber das muss jetzt einfach sein. Das eine Prozent weniger von nur einem Meinungsforschungsinstitut ermittelt, hat eine äußerst geringe Aussagekraft. Und sämtliche Medien – jetzt auch leider die links-liberale FR – übernehmen dieses demagogische, pardon demoskopische Ergebnis ohne Hinterfragen

  2. Applaus, Applaus für X!FMBR.

    Dieser dummdreiste Versuch der Medien, den „Linksrutsch“ verantwortlich zu machen für den gigantischen Absturz der SPD um 1 Prozent (liegt sogar in der Mess-Toleranz dieser Umfrage) und die SPD somit an die Mitte-rechts-Kette zu fesseln, wurde eindrucksvoll und erfolgreich enttarnt.

  3. Bedauerlich – oder nicht anders zu erwarten: Die FR steigt ebenfalls in die Kampagne gegen eine eventuelle Linksrichtung der SPD in die Arena und kommt mit diesen läppischen Belegen der Firma FORSA. Dabei ist seit längerem bekannt, dass dieses Büro die SPD auf dem Kieker hat. Hier die Anmoderation der NDR-Sendung „Zapp“ vom 5. Dezember 2007:

    „Es ist schon auffällig – seit über einem Jahr schneidet die SPD bei den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Durchschnitt um vier Prozent schlechter ab als bei Infratest Dimap oder der Forschungsgruppe Wahlen. Und Forsa Chef Manfred Güllner lässt kaum eine Gelegenheit aus, um sich in den Medien kritisch über die Sozialdemokraten und ihren Parteichef Beck zu äußern. Dabei ist Güllner selbst SPD-Mitglied. Was ist also der Grund für die miesen Zahlen? Sozialdemokraten sprechen von Manipulation und werfen Güllner verletzte Eitelkeit vor, weil er keine Aufträge mehr vom Willy Brandt Haus bekommt. Güllner liefert seine Erklärung: Die Forsa Zahlen seien die einzig richtigen, die anderen Institute würden falsch liegen.“

  4. Gute Güte! Ich wünsche mir einen Stromausfall, einen technischen Supergau, der alle demografischen Forschungsinstitute, die Herzschrittmacher unserer Nation, lahm legen, der die Fieberquotekurve der Fernsehsender pfeilschnell in die Höhe treiben würde und zu Boden sinken ließe sowie die Reichweitenanker der Zeitungen und Zeitschriften ins Weltall schösse, auf dass alle Zeichen der Zeit wie ägyptische Hyroglyphen erschienen vor der Entdeckung des Steins von Rosette.

  5. Ich meinte natürlich die demoskopischen Forschungsinstitute, nicht die demografischen *beschämt*

  6. Wenn ich schon bei Hyroglyphen bin: Wieso kann der Robert schiefe Buchstaben machen und ich nicht?

  7. Und vermutlich besitzt Bronski auch so ein Gerät, das hier messen kann, wie lange ich entsetzt auf meine Rechtschreibfehler starre
    -Hieroglyphe-

  8. Hallo Bronksi,
    mach doch mal nen kleinen Thread auf, wo man die HTML-Formatierungen testen kann und sich ein bißchen austauschen kann, wie es funktioniert.

    Hier war der Fehler, daß (i) (/i) und (em) (/em) gleichzeitig benutzt wurden. Runde Klammern sind Pfeilklammern im CODE

  9. Für die „Programmierer“

    lt. Hinweis im Quellcode dieser Seite sind folgende Tags hier zugelassen (Ohne Notierung der jeweiligen End-Tags mit „/“; Eckige Klammern wären jeweils zu ersetzen durch spitze Klammern):

    [a href=”” title=””]
    [abbr title=””]
    [acronym title=””]
    [b]
    [blockquote cite=””]
    [code)
    [em]
    [i]
    [strike]
    [strong]

    Wenn wir jetzt alle, Inclusive der Anfänger und Anfängerinnen unter uns anfangen HTML zu formatieren, dann bringen wir den Blog hier warscheinlich doch noch zum Einsturz, was sich keiner wünschen sollte.

    Also Obacht

    #######

    Hinweis an Bronski: Irgendwie scheint Euer Titelbanner in den Blog-Seiten nicht mehr darstellbar zu sein.

    Statt dessen erscheint nur zweimal

    Warning failed opening

    mit danach folgenden URLs für die nicht darstellbaren Inhalte

    Wer war`s?

  10. Ich danke sehr für die Tipps. Nachdem ich euren Links gefolgt bin, muss ich aber gestehen, dass ich doch die derzeitige Lektüre auf meinem Nachttisch bevorzuge. Aber dein Scherz Uwe, ist hübsch. Kann es sein, dass wegen Eurer Experimente manchmal meine Seite so zerstückelt aussieht?

  11. Zur Formatierung: Ich hatte einen entsprechenden Beitrag verfasst, der das wieder gerade rücken sollte, nur scheint der leider dem Admin zum Opfer gefallen zu sein. Tja, vielleicht hätte er sich mal durchlesen sollen, was und weshalb ich geschrieben habe.

    Apropos: Ich bin an der Fehlermeldung oben nicht schuld!

    Zurück zum Thema: Bronski, wieso heißt denn dieser Beitrag in der URI 23? Hat das was mit dem gleichnamigen Film zu tun, den Illuminaten?

    Und zu den 23% als „niedrigstem Umfrageergebnis“: Vor gar nicht so langer Zeit lag die SPD in einer Forsa-Umfrage bei 24% (heute in der FR nachzulesen). Insofern klingt die Einleitung schon etwas reißerisch, schließlich können sich solch geringen Abweichungen immer mal ergeben. Im Trend kann man sogar die 29% dazwischen als Ausreißer deuten. Interessant wäre jetzt ein Vergleich mit Allensbach (die vor Kurzem ja sogar die Linke als stärkste Partei in Ostdeutschland gesehen haben).

  12. Was ist denn hier schon wieder los? Ich kann ja verstehen, wenn hier Kommentare, die meinen formalen Fehler aus #1 korrigieren wollen, (wegen Abschweifens von der Diskussion) gelöscht werden, aber könnten dann die gleichen Admins #1 korrigieren? Die Diskussion hat (formatbedingt) momentan leider einen Schlag nach rechts und das wollen wir ja nicht, oder?

  13. @17. Robert B.

    Ich versteheh nicht wovon Du redest? Sind Kommentare geändert oder gelöscht worden?

  14. Ich war gerade eben noch von unterwegs hier und da war alles kursiv, weil irgendwie die schließenden em’s zur Korrektur verloren gegangen waren. Ich weiß allerdings nicht, ob es am Browser unterwegs lag oder ob der Server hier immer noch Schnupfen hat. Und ja, gestern sind zwei Korrekturversuche gelöscht worden.

  15. Lieber Robertund für alle anderen Programmierer:

    Fett-Kursiv-Tipp:

    Es scheint so zu sein, dass „em“ und „i“ sich hiergegenseitig torpedieren, wenn sie kombiiniert benutzt werden.

    Anstelle von „em“ sollte „b“ benutzt werden.

    Die Kombination (b)(i) fett-kursiver text (/i)(/b)

    funktioniert aber problemlos.

  16. em und i torpedieren sich mitnichten gegenseitig, wichtig ist, dass man alle Tags in entgegengesetzter Reihenfolge wieder schließt, wie man sie geöffnet hat. Ich bevorzuge außerdem em vor i und strong vor b, das eine sind nämlich logische Auszeichnungen (em: betont, strong: stark betont), das andere physische (i: kursiv, b: fett).

  17. Mal ne Frage zur Orientierung – ist das hier der Blog der FR-IT?
    @ Bronski
    Vielleicht kann man da ja einen eigenen Thread für eröffnen ?

  18. Nein, das hat sich so ergeben. Aber das ist ein guter Aufhänger, um zur Rückkehr zum eigentlichen Thema dieses Threads aufzurufen!!!

  19. Das Thema war nochmal? Ach ja -das Umfragetief der SPD
    Vielleicht ist das garnicht umfrageinstitutsabhängig ? Sondern schlicht die Realität? Die SPD auf dem Weg zur 4 oder 5 stärksten poltischen Kraft? Aber Herr Beck sitzt ja fest wie ein Cowboy im Sattel – aber aus diversen Western weiß ich auch aneschossene Cowboys können sich noch ne Weile im Sattel halten und fallen erst nach einer Weile.
    Quo vadis SPD ?
    Fragt sich ein verwirrter SPD Freund

  20. Wenn das (meiner Meinung nach vollkommen subjektive) Umfragetief der SPD tatsächlich institutsunabhängig sein sollte, wird man das in den nächsten Wochen sehen, oder? Und selbst wenn, wie groß ist die Aussagekraft dieser Umfragen?

    Selbst wenn die SPD auf dem stark absteigenden Ast sein sollte, muss sich diese Partei überlegen, woran das liegt. Dass Schröders Agenda haufenweise Wähler enttäuscht hat, dürfte klar sein. Das Tief der SPD hängt denn auch mit einer größeren Zahl an Nichtwählern und einer erstarkenden Linken zusammen. Wenn man denn allerdings jetzt die Früchte der Agenda tatsächlich ernten könnte, stellt sich mir die Frage, warum der Zuspruch zur SPD weiterhin so gering und zu diversen Alternativen so groß ist?

    Meine Erklärung des Sachverhalts ist, dass die typische SPD-Klientel in keinster Weise von der Agenda profitiert, sondern im Gegenteil Nachteile dadurch hat. Und da der Mensch egoistisch ist, wählt er nicht die Partei, die vielleicht für „das große Ganze“ (was ich in diesem Falle bewusst offen gelassen habe) am Besten ist, sondern für ihn selbst.

  21. Der Innenminister von Baden-Württemberg hat den Verfassungsschutzbericht vorgelegt und deutlich darauf verwiesen, dass Die Linke in diesem Bundesland unter geheimdienstlicher Beobachtung stehe. Er hat die SPD ausdrücklich davor gewarnt, mit den Linken zusammenzuarbeiten, da diese dadurch eine Aufwertung erfahren würde.

    So macht die CDU mit Hilfe des Verfassungsschutzes Politik, indem sie Die Linke außerhalb der Verfassung ansiedelt. Die SPD wird absichtsvoll in die Klemme gebracht, da sie nach dem Taktikmaßstab der CDU bei einer Annäherung mit Verfassungsfeinden kooperieren würde. Und nix ist für Sozialdemokraten schlimmer als der Vorwurf, sie seien Landesverräter.

    Das ist ein Grund, weshalb die SPD als Regierungspartei nicht wagen würde, sozialdemokratische Politik zu machen, auch wenn sie die absolute Mehrheit hätte.

    Ein stimmungsvolles Zitat aus der Presseerklärung des bawü Innenministeriums zeigt die Demarkationslinie auf: „In den Programmatischen Eckpunkten der PDS vom März 2007 gebe es zahlreiche Passagen, die dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels entlehnt seien. Dort werde der demokratische Sozialismus propagiert, der den Kapitalismus überwinden will. Da sei von der Überwindung der kapitalistischen Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse die Rede, der Kapitalismus solle nicht das letzte Wort der Geschichte sein. Im Mai 2007 habe Lothar Bisky, der heutige Bundesvorsitzende der Linken, gesagt ‚Wir stellen die Systemfrage!’.“

    Wird dieses Blog ebenfalls vom Verfassungsschutz überwacht? Arbeitet etwa Dagmar Metzger mit dem Geheimdienst zusammen?

  22. @ Bakunix

    „Wird dieses Blog ebenfalls vom Verfassungsschutz überwacht?“

    Ja natürlich, was denken sie denn? Und du stehst auf der schwarzen Liste, du roter Hund, hast du doch just ebenfalls aus dem kommunistischen Manifest zitiert.

    Man mag ja von Marx halten, was man will, aber eins muss man ihm lassen: hellsichtig war er.

    Zitiert er doch Hegel mit dem Diktum, dass die Geschichte sich zweimal ereignet, das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.

    Betrachtet man nun folgende Textpassage, dann wird ohne weiteres klar, worauf er damals schon mit der Farce anspielte:

    „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten. Wo ist die Oppositionspartei, die nicht von ihren regierenden Gegnern als kommunistisch verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, die den fortgeschritteneren Oppositionsleuten sowohl wie ihren reaktionären Gegnern den brandmarkenden Vorwurf des Kommunismus nicht zurückgeschleudert hätte?“

    (Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, Einleitung, London 1848)

  23. @ Heinrich

    Man könnte fortlaufend aus dem von Dir genannten Werk zitieren, und immer wieder stieße man auf Erkenntnisse, die schon lange vorgedacht worden sind, den Blick aber genau auf die Wirtschaftsweise richten, die sich in den letzten 20 Jahren von dem sozialen Deckmantel befreit hat.

    „Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren. … Die fortwährende Umwälzung der Produktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeoisepoche vor allen anderen aus.“

    Wenn die Begrifflichkeit der damaligen Zeit ins Heute übertragen wird, damit sie auch vor der weiblichen Kritik (bspw. Susanne) bestehen kann, haben wir eine hinreichende Analyse unseres Systems. Jedoch: Stellt man dieses infrage, worauf ich hier in der Weltöffentlichkeit verzichte, hängt einem der Verfassungsschutz am Hals.

  24. „…hängt einem der Verfassungsschutz am Hals.“

    Dazu brauchte s keines Blogs, keine „Äußerung“:

    Als einem mir bis heute unkekanntem Nachbarn auffiel Mitte der 70iger Jahre – lange vor dem ersten Blog – auffiel, dass wir, d.h. unseere Wohnlage und sonst noch ein paar Kleinigkeiten in das Muster der heroldschen Rasterfahndung passten, standen eines Tages ein paar freundliche Herren bei uns in der Wohnung und erkundigten sich danach, ob ein Mitglied meiner Familie nicht die steckbrieflich gesuchte RAF-Terroristin XX sei. Wir konnten das überzeugend entkräften. – Von Datenlöschung haben wir nie gehört.

    Dass im Deutschen Herbst regelmäßig mit meinem „Ford-Capri-Sportwagen“ bei jedem Grenzübertritt, wenn man nur mal im Elsaß gut essen wollte, vom deutschen Grenzschutz rausgewunken wurde, verdanke ich keiner besonderen Tätigkeit, da reichte wohl schon die Vorliebe anderer für „schnelle Autos“, oder was immer der VS dafür hielt. Mein Auto von damals ist längst verschrottet, die Aktennotizen auch?

  25. @ Uwe Theel

    Auf einen Sportwagen konnte ich nie zurückgreifen, – obwohl ich in meiner Drangzeit mal damit geliebäugelt habe.

    Der kapitalistischen Logik nach müsste, wenn die Systemkritik zunähme, der Verfassungsschutz sowieso aktiver werden. Als Hilfsinstrument der bestehenden Verhältnisse könnten die Werkzeuge des dt. Herbstes in verfeinerter Form wieder ausgepackt werden (siehe auch Radikalenerlass). Wäre dem so, könnte das auch als Zeichen der Verunsicherung der, ich bediene mich eines aktuellen Begriffes, Leistungsträger in unserer Gesellschaft gedeutet werden. Zumindest schließen sich deren Hiwis derzeit schon zusammen (Sloterdijk, März, Clement u.a. große Denker), um am richtigen geistigen Überbau zu arbeiten.

    Bin ich jetzt vom Thema abgekommen?

  26. @ 32. bakunix

    .. ich kann folgen.

    P.S: Wg. „Thema“ bruachst Du Dir glaube ich keinen Gedanken machen, wenn`s hier nicht hinpasste, nebenan im Blog

    http://www.frblog.de/scanning/

    passts.

    Wg. „Sportwagen“: Der Schlitten hat damals 1500,00 Mark gekostet, n’en anderen Motor habe ich nach einem Monat dann noch einbauen müssen, den hatt ich aber noch aus meinem alten 15m aufgehoben, der nicht mehr über den TÜV kommen sollte, wg. Rost am Chassis. Für einen Sportwagen habe ich das Auto nie gehalten, aber es war das einzige, was ich, um den alten Motor einbauen zu können, preiswert bekamm – eine „Jugendsünde“.

  27. @bakunix: Ich zitiere mal eine Aussage von dir (#32) und hebe ein paar Worte hervor, die angesichts des „Gipfelsturms“ (Heiligendamm), so mancher Studentendemo oder den Veranstaltungen gegen den Überwachungsstaat vielleicht abgeändert werden müssten:

    Der kapitalistischen Logik nach müsste, wenn die Systemkritik zunähme, der Verfassungsschutz sowieso aktiver werden. Als Hilfsinstrument der bestehenden Verhältnisse könnten die Werkzeuge des dt. Herbstes in verfeinerter Form wieder ausgepackt werden (siehe auch Radikalenerlass). Wäre dem so, könnte das auch als Zeichen der Verunsicherung der, ich bediene mich eines aktuellen Begriffes, Leistungsträger in unserer Gesellschaft gedeutet werden.

    Ich sehe bei den so genannten „Leistungsträgern“ schon eine deutliche Verunsicherung, warum sollte sonst so repressiv gegen Kritik an den herrschen Verhältnissen vorgegangen werden?

  28. Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen, weil ich mal wieder was zum Thema schreibe: Es geht um die SPD, oder? Warum ist diese Partei im Umfragetief? Weil Sie, entgegen den Hoffnungen der Wähler, die 1998 rot-grün an die Macht gewählt haben, um die Kohl’schen Verkrustungen aufzuweichen und abzulösen, spätestens ab 2000 das Werk der Vorgänger, wenn auch mit anderen Mitteln, nicht nur weitergeführt, sondern auch noch verschärft haben. Einige Beispiele:
    – die größte Steuerreform aller Zeiten
    – die Agenda 2010, also nicht nur, aber hauptsächlich Hartz I – IV
    – die Gesundheitsreform, gemeinsam mit der CDU/CSU-Bundesratsmehrheit
    – die Bundeswehreinsätze im Ausland
    und ab 2005 als schwarz-rote Regierung:
    – die Mehrwertsteuer-Erhöhung
    – die Unternehmenssteuer-Reform
    – die Reform der Erbschaftssteuer
    – die Aufweichung des Verbraucher-Schutzes
    – die Föderalismus-Reform
    – die Bahn-Reform
    – die Abgeltungssteuer von 25% auf Kapitalerträge
    – Rente mit 67
    und einiges andere mehr.

    Anhänger des Seeheimer Kreises werden jetzt in das gleiche Horn stoßen wie CDU, FDP und Arbeitgeber-Verbände – auch die IG Chemie gehört hier, leider, mit H. Schmoldt dazu, und sagen: Alles notwendig, Globasilierung, Wettbewerb, Unternehmen für den Weltmarkt aufstellen, Sozialsysteme der demografischen Entwicklung anpassen, die Leistungen der Leistungsträger anerkennen, und vieles mehr. Und dann natürlich wurde alles nicht richtig erklärt und vor allem von den dummen, dummen Menschen nicht verstanden, weil das doch alles zu ihrem besten war und geschah.

    Nur sieht die Bilanz auf der anderen Seite leider anders aus:
    – Netto-Einkommen bis weit in die Mittelschicht hinein gesunken
    – Einkommensschere klafft immer weiter auseinander
    – Kinderarmut und Zahl der im sog. Prekaritat lebenden Menschen gestiegen, einschl. Zahl der Aufstocker, die von ihrem Lohn nicht leben können
    – Zahl der Geringverdiener u. Niedriglöhner, Teilzeitbeschäftigten, Leiharbeiter überproportional gestiegen
    – Einkommen im Management davongaloppiert, verbunden mit Steuerflucht und Anerkennung trotz Fehlleistungen und Milliarden-Verschwendung durch Fehlentscheidungen
    – Verbraucher werden bei Lebensmittelpreisen und Energiepreisen über den Tisch gezogen, EVUNs kassieren Milliarden-Gewinne, die aber nicht z.B. in den Netzausbau gesteckt werden
    – SPD-Politiker werden zu den Groß-Unternehmen „entsorgt“, siehe Clement, Tacke, Müller, Bodewig etc. etc.
    – Otto Normalverbraucher muß immer mehr für Gesundheit und Altersvorsorge zuzahlen, und erfährt dann, daß er, siehe Riester, dies vielleicht für lau getan hat
    – Arbeitslose müssen sich vor der Agentur bis aufs Hemd ausziehen, was ihr „Vermögen“ anbetrifft, unfähige Manager dürfen alles behalten und werden noch mit niedrigen Steuersätzen belohnt
    – Otto-Normalverbraucher fühlt sich verarscht, wenn ihm eingeredet wird, der Aufschwung wäre ja auch bei ihm angekommen, er hätte dies nur noch nicht gemerkt
    – man könnte auch sagen: von den Ziegenhirten der SPD wurde der kapitalistische Bock zum globalisierten Gärtner gemacht, und daß dem Wähler als „Reform“ verkauft. Hier sollten die SPD-Granden erkennen, sofern die Beratungsresistenz nicht schon allzuweit fortgeschritten ist, daß Otto-Normalverbraucher keine Lust mehr hat, den Kakao, durch den er gezogen wurde, hinterher auch noch auszutrinken

    – Schulen, Kindergärten, Horts sind nach wie vor in schlechtem Zustand, mit großen Gruppen, und unterqualifiziertem Personal, Hauptschüler fühlen sich als Ausschuß
    – die selbsternannten „Leistungsträger“ weigern sich, z.B. durch Einsatz für angemessene Bezahlung, anzuerkennen, daß auch VerkäuferInnen, BusfahrerInnen, KrankenpflegerInnen, KindergärtnerInnen usw. wichtige Leistungsträger sind

    Bei den früheren SPD-Wählern hat sich der Gedanke inzwischen breitgemacht, daß sich die frühere für das soziale zuständige Tante SPD jetzt nur noch marginal von CDU-FDP-Grünen unterscheidet, und wechselten und wechseln weiterhin dann lieber zum Original Linkspartei.

    Hätte Schröder anstelle Einführung der Agenda 2010 sich an den skandinavischen Ländern ein Beispiel genommen, wo hohe Steuersätze und daraus finanzierte Sozialleistungen sowohl dem Bedürfnis der Wirtschaft nach niedrigen Lohnnebenkosten als auch dem der Arbeitnehmer nach mehr Gerechtigkeit entsprechen, würde die Partei nicht bei meinungsbefragten 25% dümpeln.

    Ich wage eine Prognose: 2013 wird die Linkspartei die SPD, was WählerInnen anbetrifft, überholt haben, mit einem Kanzlerkandidaten Lafontaine, der dann vielleicht auch noch ein paar Stimmen vom rechten Rand fischt. Wer das Ohr an der Stimmung der Bevölkerung hat, wird sich leicht ausrechnen können, daß bei den kommenden Landtagswahlen die Linkspartei
    – Chancen hat, in den bayer. Landtag einzuziehen
    – durchaus im Saarland zweitstärkste Kraft werden kann
    – wahrscheinlich in Thüringen demnächst den MP stellt.

  29. @ Wolfgang Fladung

    Was Du schreibst, kann ich alles akzeptieren. Das sind Fakten, die nicht zu leugnen sind. Nur werden sie von den Politikern und Medien anders konnotiert, so dass sie von vielen als notwendig erachtet werden. Dagegen vorzugehen wird auch Die Linke nicht schaffen, auch nicht, wenn sie eine Mehrheit hätte. Einmal, weil dann persönliche Machtpositionen abgesichert werden müssten, da würden die hehren Ziele oft zweitrangig. Und zum anderen, weil es nicht möglich ist, gegen die informell zusammengeschlossene Medienmacht eine am Gemeinwohl orientierte Politik zu betreiben.

    Deshalb, befürchte ich, wird sich die Einkommensschere weiter öffnen, da sich das Wirtschaftswachstum mit der neoliberalen Politik nicht steigern lassen wird. Es ist eher mit einer längerfristigen Stagnation zu rechnen, denn die Pflichtkosten für Ernährung und Energie fressen immer größere Teile der Einkommen weg. Und die Folgen: Nicht mal Scheinwohltaten, die dem Volk gegeben werden, z.B. eine 1,1%ige Rentenerhöhung minus der neuen zusätzlichen Kosten für die Pflegeversicherung, wird’s mehr geben. Die Staatsmacht will kein Konjunkturprogramm mehr auflegen, weil die Staatsverschuldung von der SPD auf null gefahren werden soll. So was kann man nur mit ideologischer Verbohrtheit kennzeichnen, wenn weiterhin alles dem sich verselbstständigenden Markt überlassen werden soll. Oder meinst Du tatsächlich, dass mit parlamentarischer Politik an der derzeitigen Lage etwas zu ändern ist?

  30. @ 37. bakunix

    Ich weiss nicht bakunix, ob das einen Antwort auf Deine Frage ist:

    Ich halte es für falsch, wenn Du ante factum erklärst, eine parlamentrisch-demokratisch zur Regierung gekommene Linkskoalition, würde sich sofort über individuell motivierte Selbstzerfleischung dekapitieren. Das wird im Fall der Fälle sowieso das erste Argument auf Seiten der dann Opponierenden sein, bzw. in deren Wahlkampf zuvor.

    Ferner halte ich es nicht für richtig, am möglichen Zustandekommen einer regierungsfähigen Linkskoalition zu zweifeln, bloß weil diese nicht auf parlamentarisch-demokratischem Wege an die Macht kommen könne, weil dem gegenüber eine hugenbergähnliche Presse, eine geballte Macht der Ideologiebildung und „Realitäten schaffende“ Macht der Wirtschaft am Werke sei. Die Alternative, die dann in den Köpfen der Bevölkerungasofort einzieht, ist die „mit Gealt verbundenen Revolution von links“, die die jetzt linke Oppposition nur in ihrem Plan habe. Da das nicht stimmt, wäre Deine Argumentation sogar „konterrevolutionär“. Der Umbau der Verhältnisse muß auf friedliche Weise geschehen, er ist machbar. Die einzige Sorge, die mir bleibt, ist, dass das System sich damit nicht friedlich abfinden wollte, aber das sollte man nicht noch herbeireden.

    Daher ist eine friedliche, aufklärende Arbeit für die Bevölkerung und vor allen Dingen eine solidarische Zusammenarbeit innerhalb der gesamten linken paralamentarischen, wie außerparlamentarischen Oposotion notwendiger denn je seit mindestens 1968.

  31. Hallo bakunix, hallo Herr Theel,

    Ihr/Sie habt wahrscheinlich beide Recht: Die tatsächlichen Möglichkeiten unserer parlamentarischen Demokratie scheinen sich zunehmend innerhalb eines Reparaturbetriebes zu bewegen, um die gröbsten kapitalistischen Auswüchse zu beseitigen. Seit Jahren beobachten wir ja schon, wie Bundestag und Bundesrat von einer Lobby regiert werden, und Parlamentarier mehr oder weniger unverhohlen zugeben, auf den Payrolls zu stehen. Ich denke mir dann immer: wäre es nicht besser, den Bundestag dann gleich mit Abteilungsleitern von EoN und Deutsche Bank zu besetzen, und Bernotat oder Ackermann zum Kanzler zu machen?

    Leider spielt die Mehrheit der Medien eine unrühmliche Rolle, indem sie dem Kapital und seinen, allein der Profitmaximierung geschuldeten Vorgehensweise, auch noch das Wort redet, und die Bürger kräftig mit einseift. Ich habe nur das Problem, daß sich echte Alternativen weder anbieten noch durchsetzbar wären. Wie das Beispiel Berlin zeigt, kann auch die Linke, natürlich auch aufgrund der verfehlten schwarz-roten Politik, nur mit Wasser kochen. Und eine linke Regierung müßte sich mit der geballten Wirtschafts- und Lobbymacht duellieren, und würde wahrscheinlich nur verlieren, weil letztendlich dann das Kapitel Stimmenkauf und Korruption einschneidende politische Entscheidung nicht zuließe.

    Seit Jahren drücken sich die Verantwortlichen ja vor mehr Demokratie, sprich, Volksentscheiden, siehe Schweiz. Immer mit dem Argument, das dann die Todesstrafe wieder eingeführt würde, weil ja die Bild-Zeitung, und die dummen Leser, und und und.

    Ich selbst war jahrelang politisch tätig, erst in der SPD, dann bei den Grünen, dann in der WASG, die ich verlassen habe, um nicht neben Mauer-Schützen-Befürwortern mich niederlassen zu müssen. Und inzwischen habe ich, was Landes- und Bundespolitik anbetrifft, resigniert, und kämpfe und streite nur noch auf kommunaler Ebene, nicht parteigebunden, sondern innerhalb unserer Lokalen Agenda 21.
    Hin und wieder ein Forums-Beitrag, und ein Leserbrief, und das war’s dann.
    Wir sind uns wahrscheinlich darin einig, daß die Worte nach „mehr Bildung & mehr Chancengerechtigkeit“ ziemlich hohle sind und einem Vermögenden nicht daran gelegen sein kann, daß es eine gut ausgebildete und gut informierte Schicht von Lohnabhängigen gibt. Und für mögliche Aufstände sehen ja Schäuble & Co. bereits den Einsatz der Bundeswehr im Innern vor.

    Ich befürchte auch bei uns amerikanische, brasilianische oder südafrikanische Zustände in den nächsten Jahrzehnten: die Wohlhabenden in Reservaten/Ghettos, mit Wachmannschaften, Stacheldraht, 24-Std.-Überwachung der Zugänge, und versorgt mit guten Lebensmitteln, Wasser, und anderen Annehmlichkeiten.

    Und der Rest vegetiert dann außerhalb und darf sich Gefechte liefern mit den Parias der dritten Welt, die aufgrund der durch Erderwärmung und Umweltverschmutzung einsetzenden Wanderbewegungen recht bald in Millionenstärke an Europas Grenzen auftauchen werden. Sehe ich zu schwarz? Danke für Aufmunterung!

  32. Uwe Theel # 38 schreibt:

    „Der Umbau der Verhältnisse muß auf friedliche Weise geschehen, er ist machbar. Die einzige Sorge, die mir bleibt, ist, dass das System sich damit nicht friedlich abfinden wollte, aber das sollte man nicht noch herbeireden.“

    Ich will Dir Dein Vertrauen in die parlamentarische Arbeit nicht nehmen. Ich könnte Dir jedoch 999 Gründe aufzählen, warum ich nicht in der Lage bin, mich auch nur einem von den Politikern, die ich bisher persönlich kennenlernte bzw. deren Agieren ich aus nächster Nähe beobachtete, ohne Sarkasmus und Zynismus zu nähern. Das fängt bei der kommunalen Ebene an und reicht bis in die Bundespolitik. Mindestens zwei Jahrzehnte meiner Lebenszeit war ich auf kommunaler Ebene außer- und innerparlamentarisch aktiv und habe somit jede Menge dieser Spezies kennengelernt. Je tiefer mein Einblick, desto grausamer geronnen meine Erkenntnisse, gerade darüber, wie Realpolitik zustande kommt. Ich als sensibles Bürschlein habe während der Zeit oft lange Nächte mit Gedanken an das taktierende Ellenbogenverhalten meiner Kontrahenten verbracht, die nichts ausließen, mich abzuwatschen. Da muss man schon hart wie Stein sein, das auszuhalten. Und das war ich nicht. Ich gestehe aber, der Opferrolle mich entledigt zu haben und meinerseits mit Attacken der nicht so vornehmen Art nicht gespart zu haben. Man kann daran Freude empfinden, man kann das als Spiel begreifen, man kann daran auch resignieren. Jedenfalls – „auf friedliche Weise“ geht nichts!

    Und Wolfgang, da Du ebenso praktische politische Arbeit gemacht hast, wird es Dir evt. nicht anders ergangen sein.

  33. Hallo Bakunix, Hallo Herr Fladung,

    ich könnte keinem Wort Eurer Analyse widersprechen, ohne zu vergessen, was ich selbst gelernt habe im Leben. Auch ich befürchte eher das schlechte Auskommen.

    Wenn ich hier dem anderen Ende, hoffend, das Wort rede, wissend , dass auf der anderen Seite das „Eisenharte“ steht, dann um – auch z.B. hier in einem Blog – zu dokumentieren, dass der vieleicht nicht abzuwendende Erfolg der anderen Seite nicht errungen werden kann mit dem triumphierend Wort: „Es gab keine Alternative, die gewagt hätte werden können, niemand hat Vorschläge gemacht.“

    Das ist nicht viel, vielleicht ist es nur Ausdruck von Ohnmacht, aber ich bin ein ganz normaler Bürger und hinsichtlich der politischen Einschätzung unterscheide ich mich von der euren sicher nicht grundsätzlich.

  34. Vielen Dank für Eure Erwiderung. Kein Trost, aber hilfreich, daß man sich nicht total als Außerirdischen empfindet.

    Meine Beobachtung ist die, daß zunehmend, mehr oder weniger verbrämt, auf der militärisch-politischen und wirtschaftlich-politschen Schiene nicht mehr die Ratio dominiert, sondern die Emotion, oder, besser noch, die niederen Emotionen, wie (Raff-und Hab-)Gier, Omnipotenz-Gehabe neurotischen Ursprungs, Geiz, Mißgunst, Egozentrismus, Unsolidarität, Geilheit im ursprünglichen deutschen Wortsinne, dies alles gepaart mit Beratungsresistenz und Borniertheit, und einem Gutteil Blauäugigkeit. Eine wahrlich brisante Mischung. Vor allem auch daher, weil all diese niederen Emotionen und die damit genährten Beweggründe zu Handlungen führen, welche uns direkt in den Abgrund führen. Unterfüttert wird dies alles durch Wirtschaftsweise, die nicht mehr bis 3 zählen können.

    Ich würde gerne den Schwur, Schaden vom deutschen Volke zu wenden und seinen Nutzen zu mehren, abändern in: Wir schwören, den Nutzen des Kapitals doll zu mehren und jedwede Schadensansprüche von ihm zu wenden, so wahr uns Gott oder Beelzebub helfe.

    Es gäbe Auswege aus dem Dilemma. Ich sehe da

    – die Möglichkeit, nach dem Beispiel der nordischen Länder, siehe Dänemark mit Spitzensteuersatz von 63%, unser Steuer- und Abgabensystem völlig umzugestalten. Und wer hört schon von einer großen Kapitalflucht der dänischen Spitzenverdiener?
    – eine Verpflichtung der Abgeordneten zu einer Art imperativem Mandat. Ich weiß, Glatteisgefahr, aber die angebliche Gewissensfreiheit wird doch längst durch Fraktionszwang, Kollegendruck, Lobbyisten, die Aussicht auf Zusatzeinnahmen und ein warmes Aufsichtsratsplätzchen konterkariert. Auch bei Frau Metzger bin ich mir nicht sicher, wie weit hier der persönliche Rachefeldzug von Herrn Walter die „Gewissensentscheidung“ mit beeinflußt hat.
    – die bereits erwähnten Volksentscheide
    – die Begrenzung auf zwei Legislaturperioden für Abgeordnete, damit verbunden eine bessere Bezahlung, aber auch die Verpflichtung, alle Kosten incl. Alterssicherung selbst zu übernehmen, solange hier keine Grundsatz-Regelung für alle geschaffen wurde
    – die Verpflichtung für Arbeitgeber, für trotz eingefahrener Gewinne bei entlassenen Arbeitnehmern einen Teil des Lohnausfalls zwischen neuem Lohn und/oder Hartz IV zu übernehmen, ferner die Minderung der Alterssicherung finanziell mit abzufedern
    – eine Arbeitszeitreduzierung für alle
    – die Koppelung der Lohnsteigerung an die Produktivitätssteigerung, soweit nicht im Dienstleistungsgewerbe tätig
    – die auch von den Linken geforderte Einführung einer Wertschöpfungsabgabe, früher auch „Maschinensteuer“ genannt

    Ich bin überzeugt, daß wir uns bei einem Spitzensteuersatz von 63% sämtliche Diskussionen über Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Abgeltungssteuer etc. schenken könnten. Wie das ganze ergänzt werden kann durch die Bürgerversicherung bzw. inwiefern diese dann in der Steuer enthalten sein müßte, kann ich nicht einschätzen.

  35. Heute lese ich in Spiegel-Online folgende Sätze: „Anders als Ypsilanti ist Koch ein Polit-Profi. Er weiß genau, wann er was sagen muss.“ So ist sie anscheinend, die Politik. Frau Ypsilanti, das Naivchen, ist diesem ausgebufften Kerl nach Meinung des Redakteurs nicht gewachsen. Deshalb, so kann man schlussfolgern, seien Typen wie Frau Ypsilanti in der Politik überfordert. Unausgesprochen wird vom Lohnschreiber des Spiegel mit rübergebracht, Politik sei nichts für zarte Pflänzchen, nichts für Menschen, die von den Ränkespielen und den Strukturen der Machtausübung nichts verstehen.

  36. Dem hinzu zu fügen wäre dann noch: Politiker, die nur Ansichten und Meinungen haben, aber keine Grundüberzeugung, für die Lauterkeit und Integrität Fremdworte sind und die einzig und allein im Politik-Business sind für Macht und Geld. Interessant dabei ist nur, aber dies zählt wahrscheinlich zu den vergossenen Krokodilstränen, das nach verlorenen und in der Wahlbeteiligung zurückgegangenen Wahlen dann immer wieder so getan wird, als müßte wirklich Ursachen-Forschung betrieben werden und analysiert werden, warum sich der Wähler, bitteschön, nicht so stromlinienförmig verhalten hat, wie es diese Typen schon lange sind.

    Zu Frau Ypsilanti: die Dame hatte ein gutes Programm, eine einigermaßen gute Strategie, aber eine miserable Taktik, und hätte gewarnt sein müssen spätestens seit dem Simonis-Debakel, daß die schlimmsten Feinde die sogenannten Partei-„Freunde“ sind.

  37. @ All

    Um dem Vorurteil, Politiker seien korrupt weitere Nahrung zu geben die letzte Meldung einer Übernahme eines Geschäftsführerpostens in einem Industrieverband.

    In den 80ern war hier bei uns im Jugendzentruzm eine Praktikantin beschäftigt, die ihr Praktikum als Sozialpädagogin dort ableistete. Fuer ihre Arbeit erhielt sie kein Geld. Die Kommune war eben arm?! Ich warb sie in die OETV. Sie klagte sich dann ihr gehalt ein. Der Jugendzentrumsleiter erklärte mir, dass er, wenn sie die Klage gewaenne, sich bei der OETV organisieren wuerde. Hat er nicht getan. Inzwischen ist er bei den Landesregierigen angestellt. Die Sozialpaedagogin wurde einige Jahre spaeter die hiesige Vorsitzende einer Partei. Ich habe mich damals gewundert, ob die denn nicht bessere Persoenlichkeiten haetten. In 2002 kandidierte sie zum Bundestag und kam ueber die Liste in den Bundestag. Dort mailte ich sie an, sich gegen jede Kriegbeteiligung deútscher Soldaten einzusetzen. Die Antwort aber war gegenteilig. Worauf ich ihr schrieb, dass dieImmunitaet der verantwortlichen Bundesregierigen nicht ewig waehrt. Zwei Petitionen meinerseits, Bundesregierige zumindest mit einem Ermittlungsverfahren zu überziehen, wurden vom Bundestag abschlägig beschieden. Ich kann damit leben. 2005 wurde sie nicht wieder gewaehlt. In dieser Woche wurde sie zu der Geschaeftsfuehrung eines neuen Industrieverbandes berufen, deren Mitglieder z.Z. besonders viel Wind entgegenblaest. Ich frage mich, welche Befähigung sie fuer diesen Geschaeftsfuehrerposten mitgebracht hat. Aber so ists ja auch mit dem Kandesbunzler Schroeder gewesen.

  38. Jetzt erst verstehe ich Bronskis Aussage (15) im Parallelblog „Leserbriefe zu Dagmar Metzger“ richtig, als er schrieb: „Ich habe in keinem Moment etwas Schlechtes über die Linke in Hessen gesagt. Ich habe nur gefordert, dass sie sich erst in der parlamentarischen Arbeit beweisen muss.“ Dass sie also erst mal diese Kämpfe mit den Geschäftsordnungsanträgen und sonstige Tricks beherrschen lernen muss. So wie US-Präsident Bush, der nach einem heutigen FR-Vorbericht zu einer Fernsehsendung, vor dem Irak-Krieg mindestens 260 Mal gelogen haben soll. Auch habe die „US-Regierung … dem Volk hehre Ziele vorgegaukelt und das Bombardement von Menschen wie einen Akt der Nächstenliebe aussehen lassen. Dabei hätten sie vor allem geopolitische und wirtschaftliche Interessen geleitet.“ (FR 17.3.08, S. 23)

    Man muss den Hessischen Landtag nicht unbedingt an der US-Regierung messen. Nehmen wir unseren Riester, der die Rente für die Privatisierung geöffnet hat und nun fortlaufend Vorträge bei denen hält, die von dieser Verarmung der Arbeitnehmer profitieren. Dafür soll er innerhalb eines Jahres nahezu 200.000 Euro eingestrichen haben. Das ist Politikfähigkeit.

  39. Ein kluger Politikprofessor hat vor Jahren einmal gesagt: „Die SPD ist eine riesige Dampfwalze. Wenn sie die Richtung wechseln möchte, zeigt sich ihre mangelhafte Wendigkeit.“
    Natürlich macht sich in Umfragen der innerparteiliche Streit bemerkbar. Übrigens geringer, als ich es vermutete.
    Doch sollte die SPD die Kraft aufbringen, diesen Streit auszutragen. Mit den „Weiter so“- Sozis sind die heutigen Probleme nicht mehr zu bewältigen. Klar, dass die Nomenklatura tobt, denn die netten Diäten, Pensionsberechtigungen und Aufsichtsratstantiemen sind in Gefahr.
    Ich wünsche jedenfalls den Ypsilantis alle Kraft, ihren Weg fortzusetzen, auch wenn der Widerstand brutal sein wird.
    Oder, um im Bild mit der Dampfwalze zu bleiben, wenn man schon mit einem schwerfälligen Fahrzeug hantieren muss, sollte man wenigstens die Bremser vom Führerstand schmeißen.

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